Wechsel von Zielvereinbarung zu Zielvorgabe in Arbeitsverträgen
In dem vom Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 03.07.2024 – 10 A ZR 171/23) entschiedenen Fall ging es um einen Streit zwischen Parteien über einen Schadenersatzanspruch für eine entgangene Vergütung im Jahr 2020 auf Erfolgsbasis.
Laut Arbeitsvertrag sollte in der entsprechenden Bonusvereinbarung die Möglichkeit einer variablen Vergütung bestehen, deren Ziele die Parteien sogleich nach Ablauf der Probezeit einvernehmlich bestimmen sollten.
In dem Arbeitsvertrag heißt es weiter, sollte es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu keiner Einigung kommen, bestünde die Berechtigung des Arbeitgebers, die Ziele einseitig nach billigem Ermessen festzuschreiben.
Trotz Aufforderung des Klägers sind die Verhandlungen nicht aufgenommen worden, sodass es nicht zu einer einvernehmlichen Zielvereinbarung zwischen den Parteien gekommen ist.
Die Beklagte hat ganz im Gegenteil die Ziele sodann einseitig festgelegt. Die Beklagte zahlt keine Tantieme an den Kläger, woraufhin dieser Schadenersatz in Höhe von 97.000,00 € aufgrund entgangener anteiliger variabler Vergütung für das Jahr 2020 beanspruchte.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat der Klage in voller Höhe stattgegeben, wobei das Landesarbeitsgericht die Summe um 14.392,86 € reduziert hat. Ansonsten blieb der Schadenersatzanspruch des Klägers aufrecht erhalten. Auch auf die von der Beklagten eingelegten Revision vor dem Bundesarbeitsgericht blieb diese erfolglos. Der Kläger hat insofern einen Anspruch auf Schadenersatz gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. §§ 283 Satz 1, 252 BGB in Höhe von 82.607,14 € brutto.
Das BAG hat festgestellt, dass die Beklagte ihre Pflicht aus dem Arbeitsvertrag zum Abschluss einer Zielvereinbarung schuldhaft verletzt hat und die Ersetzung durch eine einseitige Zielvorgabe unzulässig ist.
Mit dieser Regelung werde der Kläger unangemessen gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB benachteiligt.
Der vorbehaltlose Übergang von einer Zielvereinbarung, die grundsätzlich wirksam in Arbeitsverträgen vereinbart werden könne, in eine Zielvorgabe hat jedoch zur Folge, dass der Verwender diese vertraglich vereinbarte Rangfolge einfach so umgehen könne.
Die Klausel ist außerdem generell geeignet, den Arbeitnehmer von der vereinbarten vorrangigen Verhandlungsfreiheit abzuhalten.
Allein die Möglichkeit, Verhandlungen ohne weitere Begründung aufgeben zu können, bringt auf Seiten des Arbeitnehmers einen Druck auf, die Vorschläge des Arbeitgebers auch zu akzeptieren, soweit Sie nicht mit einen eigenen Ansprüchen und Vorstellungen in Einklang stehen.
Die Bonusvereinbarung falle ersatzlos weg und werde durch die Rechtsprechung und die darin entwickelten Grundsätze über die Durchführung und das Scheitern einer Zielvereinbarung ersetzt.
Das BAG hat weiterhin ein Mitverschulden des Klägers in Anlehnung auch schon an die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts gesehen und dieses mit 10 % bewertet, da dieser die Beklagte nicht unmittelbar nach Ablauf der Probezeit, sondern erst 10 Tage später zum Abschluss einer Zielvereinbarung aufgefordert habe.
Vertragliche Zielvereinbarungen, die im Nachhinein also „wieder aufgehebelt“ werden sollen, sind somit nicht wirksam.